Kleine Quellenkunde für Jüdische Geschichte in Tiergarten

von Prof. Dr. Paul Enck, (www.paul-enck.com)

… damit kann die Recherche jetzt erst richtig beginnen, hatten wir am Ende der ersten Folge von „Jüdisches Leben in Tiergarten-Süd“ (mitteNdran vom 8.5.2022) formuliert. Gemeint war: Hat man erst einmal ein Fadenende erwischt, ist es wesentlich leichter, einer Spur nachzugehen.

Jüdische Viertel in Berlin

Zwar wohnten im Bezirk Tiergarten nördlich des Landwehrkanals vor 1933 etliche reiche jüdische Familien (1), aber ein jüdisches Viertel (Bild 1) wurde es dadurch nicht, dazu gab es viel zu viele arme (und auch reiche und nicht-so-reiche) Juden in anderen Teilen der Stadt in den vergangenen 350 Jahren.

DAS JÜDISCHE ALTERSHEIM IN DER LÜTZOWSTRASSE


Sowas nennt man einen Zufallsfund: Bei einer Internet-Recherche in Bildarchiven (im bpk Bildarchiv) fiel mir vor etwa zwei Jahren ein Foto auf, das betitelt war „Das jüdische Altersheim in der Lützowstraße 48“. Davon war und ist bislang in der Aufarbeitung der jüdischen Geschichte des Lützow-Viertels nie die Rede gewesen, anders als von der alten Synagoge an der Potsdamer Straße 26, die 1907 durch die Synagoge in der Lützowstraße 16 ersetzt worden war; und gelegentlich wird auch der Betsaal der sephardischen Judengemeinde in der Lützowstraße 111 erwähnt. Aber ein Altersheim?

Ausverkauft, Enteignet, Ermordet

Jüdisches Gewerbe (1)

Der massenhaften Vernichtung Jüdischen Lebens in Europa lief die massenhafte Vernichtung der jüdischen Gewerbetätigkeit in Deutschland voraus. Und dies geschah insbesondere in Berlin, da ja rund fünfzig Prozent aller Juden zugeordneten Gewerbebetriebe in Berlin registriert waren. Allerdings setzte die Verfolgung der Juden nicht plötzlich ein. Antisemitismus hatte in Deutschland eine lange Vorgeschichte und so hatten bereits in den Zwanziger-Jahren die Übergriffe auf Unternehmen, die als jüdisch betrachtet wurden, zugenommen. Mit der Machtübertragung auf Adolf Hitler 1933 startete aber der wohl „radikalste und in seiner Radikalität ,erfolgreichste‘ Umsteuerungsvorgang in der Wirtschaft“ Deutschlands (Ludolf Herbst).

Überlebende der Blockade

Sie leben in unserer Nachbarschaft:
Letzte Überlebende der Blockade von Leningrad

Lange wurde in der Bundesrepublik Deutschland behauptet, die deutsche Wehrmacht sei nicht wissentlich an den nationalsozialistischen Kriegsverbrechen in Europa beteiligt gewesen. So wurde denn auch die Belagerung von Leningrad als eher kriegstaktisches – nicht ungewöhnliches – Geschehen heruntergespielt. In Wirklichkeit war diese ein schweres Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung.

„ICH HABE MIT DER TÖTUNG DER JUDEN NICHTS ZU TUN“

„Ich habe mit der Tötung der Juden nichts zu tun“. Das sagte Adolf Eichmann 1961 vor Gericht in Jerusalem. Er stellte sich als Befehlsempfänger dar – nur verantwortlich für die Evakuierungen, für die Logistik.

Die Wahrheit sieht ganz anders aus!

HERWARTH WALDEN UND SEINE „STURM-GALERIE“

Bis zum Beginn des Nationalsozialismus war Tiergarten Süd ein Hotspot der zeitgenössischen Kunst. Zu den  wichtigsten Galeristen gehörte Herwarth Walden, der 1912 seine „Sturm-Galerie“ in der Potsdamer Straße 134a eröffnete.

Mildred und Arvid Harnack

Stolpersteine erneut verlegt

Am 7. Oktober um 14:00 Uhr trafen sich rund zwanzig Menschen vor dem Haus Genthiner Straße 14, um die Stolpersteine für Mildred und Arvid Harnack noch einmal zu verlegen. Die beiden Widerstandskämpfer Mildred und Arvid Harnack lebten bis zu ihrer Verhaftung im September 1942 an dieser Adresse.
In der Nacht vom 3. Mai 2019 waren die Stolpersteine gestohlen und der Hauseingang mit Nazi-Parolen beschmiert worden. So fand die erneute Verlegung unter Polizeischutz statt.

20. Juli – ein besonderes Datum in unserem Kiez

Am 20. Juli 1944 missglückt das Attentat gegen Adolf Hitler in der Wolfschanze. Noch in der Nacht werden die Widerständler Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Friedrich Olbricht, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften im heutigen Ehrenhof des Bendlerblocks erschossen.

14 JÜDISCHE RICHTER SCHON IM FRÜHJAHR 1933 AUSSER DIENST GESTELLT

Reinhold Gerken, ehemaliger Gerichtspräsident des Arbeitsgerichts Berlin, stand am 17. Juni 2021 im Fokus seines Vortrags mit Podiumsdiskussion zum Thema „Jüdische Richter an den Berliner Arbeitsgerichten, ihre Bedeutung für das deutsche Arbeits- und Sozialrecht und ihre Verfolgung durch die Nazis“. Die Veranstaltung war Teil der Vortragsreihe des Projektes „Jüdisches Leben und Widerstand in Tiergarten Süd“ in Kooperation mit der Kiezzeitung mitteNdran e.V., den „Stolpersteinen“ in Berlin Alt-Mitte und Wedding, so wie der „Quartiersentwicklung Tiergarten Süd – seniorenfreundlicher Stadtteil“, und fand mit 16 Teilnehmern im Saal des Kiezzentrums Villa Lützow statt und wurde zudem gestreamt. Gabriele Hulitschke moderierte den Abend.